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Nach dem Blick zurück auch Perspektiven für die Zukunft

Freuten sich zur zentralen Veranstaltung der Stadt Detmold zum Kriegsende vor 80 Jahren über viel Besucherresonanz: (von links) VHS-Leiterin Claudia Biehahn, Prof. Dr. Arndt Bauerkämper, Christdore Richter (stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Detmold) und die Leiterin des Detmolder Stadtarchivs, Dr. Bärbel Sunderbrink. Foto: Stadt Detmold

Prof. Dr. Arndt Bauerkämper spricht bei der zentralen Veranstaltung der Stadt Detmold anlässlich des Kriegsendes vor 80 Jahren

Hatte bei der Feierstunde des Deutschen Bundestags am Vormittag des 8. Mai das Gedenken im Vordergrund gestanden, so ging es bei der zentralen Veranstaltung der Stadt Detmold darum, den Tag des Kriegsendes in seinen historischen Dimensionen einzuordnen. 120 Zuhörende waren der Einladung in die Stadthalle gefolgt, wo die stellvertretende Bürgermeisterin Christdore Richter den Wert von 80 Jahren Frieden herausstellte.

Prof. Dr. Arndt Bauerkämper von der Freien Universität Berlin nahm seine Zuhörerschaft mit auf eine Zeitreise von der Kapitulation bis in die Gegenwart. In den ersten Nachkriegsjahren, in denen die Folgen von Zerstörung, Vertreibung, Versorgungsschwierigkeiten und Demontage den Alltag dominierten, war an eine Auseinandersetzung mit NS-Verstrickungen nicht zu denken. Nach der Spaltung der Besatzungszonen in die beiden deutschen Staaten entwickelte sich der Umgang mit der NS-Vergangenheit völlig unterschiedlich. Während in der DDR der Antifaschismus zur Staatsdoktrin wurde, die auch für Nichtkommunisten anschlussfähig war, wertete man das Kriegsende im Westen als „Zusammenbruch“.

Erst der politische Druck der 68er-Bewegung und die Fernsehserie „Holocaust“ leiteten eine Wende ein. In seiner vielbeachteten Rede brachte es Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vor 40 Jahren dann auf den Punkt: Der 8. Mai ist ein Tag der Befreiung vom menschenverachtenden Nationalsozialismus. Dass die militärische Niederlage im Zweiten Weltkrieg von der Zustimmung der Deutschen zum Nationalsozialismus untrennbar war, wollten viele Bundesbürger bis zu diesem Zeitpunkt nicht wahrhaben.

Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten entwickelte sich eine gemeinsame demokratische Erinnerungskultur. Das Holocaust-Mahnmal in Berlin steht dafür beispielhaft. In den NS-Gedenkstätten Buchenwald, Sachsenhausen und Ravensbrück, die eine wichtige Rolle in der Vermittlungsarbeit einnehmen, werden stalinistische und nationalsozialistische Verbrechen gleichermaßen thematisiert, ohne einer „Opferkonkurrenz“ Vorschub zu leisten.

Bauerkämpers Appell ist eine differenzierte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Erinnerungsgeschichten beider deutscher Staaten. Am Ende einer anregenden Diskussion sah der aus Lage stammende Historiker durchaus Perspektiven, aus der Geschichte Zukunftshandeln abzuleiten. Nicht in den ritualisierten Gedenkformeln eines „Nie wieder“ sieht er das Mittel der Wahl, sondern in einer emphatischen Auseinandersetzung mit den Opfergeschichten, die allerdings nicht von oben verordnet werden können. Auch wenn es sich verbietet, Parallelen mit der Gegenwart zu ziehen, würden in der heutigen diversen Gesellschaft Themen wie Flucht und Vertreibung viele Menschen berühren, und auch Genozide gehörten zur gegenwärtigen Realität in der Welt. Eine Gedenkkultur, die diese Erfahrungen einbeziehe, habe durchaus eine Zukunft.

VHS-Leiterin Claudia Biehahn und Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink, die die Veranstaltung anlässlich des Jahrestages des Kriegsendes initiiert hatten, freuten sich über den großen Zuspruch. Dazu Sunderbrink in ihrer Begrüßung: „Wir sind davon überzeugt, dass es einen Unterschied macht, ob die Menschen in unserem Land über die NS-Zeit und den Zivilisationsbruch des Völkermords an den Juden fundiert informiert sind. Und auch ob sie darüber Bescheid wissen, was der von Deutschland ausgegangene brutale Expansions- und Vernichtungskrieg angerichtet hat.“

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