Nachkommen von Moritz Rülf zu Gast in Detmold
Unser Foto zeigt: Tirza Timna-Inbar, Dina Timna-Inbar, Dr. Cordula Marx (Gesellschaft für Christilich-Jüdische Zusammenarbeit), Dina und Lior Timna-Inbar, Dr. Bärbel Sunderbrink (Stadtarchivarin) und Tal Timna-Inbar mit Archivalien zu Moritz Rülf.
Die Stadt Detmold hat in dieser Woche Dina Inbar aus Israel gemeinsam mit ihren vier Töchtern empfangen. Sie ist die Enkelin des jüdischen Lehrers und Predigers Moritz Rülf, der von 1914 bis 1937 in Detmold gewirkt hat und in Detmold und Lippe viele Spuren hinterlassen hat.
Empfangen wurde die Familie von Archivarin Dr. Bärbel Sunderbrink, die den Besucherinnen zahlreiche Dokumente zum Wirken von Moritz Rülf zeigte. Durch Archivalien zur Ehefrau Erika und den drei in Detmold geborenen Kindern Herbert, Karoline Hanna und Erich wurden nicht nur Erinnerungen an eine bedeutende Persönlichkeit des jüdischen Lebens wachgerufen, sondern auch ein Stück Familiengeschichte entschlüsselt.
Moritz Rülf wurde 1888 in Kirchhain in Hessen geboren. Nach seiner Ausbildung an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Kassel holte ihn die jüdische Gemeinde 1914 als Prediger nach Detmold. Er leitete den Gottesdienst in der Synagoge in der Lortzingstraße und gab jüdischen Schülerinnen und Schülern Religionsunterricht. Von 1919 bis 1922 arbeitete er als Lehrer an der Knabenbürgerschule und von 1922 bis 1933 an der Staatlichen Fortbildungsschule (Berufsschule). Inzwischen hatte er an der Verwaltungsakademie an der Langen Straße noch einen Abschluss als Volkswirt erlangt. Doch immer wieder entzündeten sich Hetzkampagnen gegen den engagierten Lehrer.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich das Leben der Familie dramatisch. 1933 wurde Rülf vom Schuldienst suspendiert und für kurze Zeit in „Schutzhaft“ genommen. Sein Versuch, im damaligen Landesarchiv über die jüdischen Gemeinden in Lippe zu forschen, wurde ihm aus ideologischen Gründen verwehrt.
1937 verließen Moritz und Erika Rülf die Stadt und übernahmen die Leitung eines jüdischen Kinderheims in Köln. Im Juli 1942 wurden sie gemeinsam mit den von ihnen betreuten Waisenkindern nach Maly Trostinec bei Minsk deportiert. Vermutlich wurde das Paar dort umgehend ermordet. Die drei eigenen Kinder konnten auf unterschiedlichen Wegen nach Palästina fliehen. Ihre Nachkommen leben heute in den USA und Israel.
„Für Detmold hatte der Lehrer Moritz Rülf in den 1920er Jahren eine herausragende Bedeutung. Dass Dina Inbar mit ihren Töchtern in die Stadt gekommen ist, auch um die Geschichte ihrer Familie an die nächsten Generationen weiter zu geben, ist sehr berührend“, betonte Dr. Bärbel Sunderbrink.
Für Dina Inbar war es ein bewegender Moment, die Spuren ihrer Großeltern in Detmold nachzuvollziehen. „Es bedeutet uns sehr viel, hier zu sein und zu sehen, dass die Erinnerung an meinen Großvater lebendig bleibt“, erklärte Inbar im Gespräch.
Die Stadt Detmold sieht es als ihre Verantwortung an, diese Erinnerungskultur zu pflegen. Der Besuch von Dina Inbar und ihrer Familie auf Einladung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit für Lippe, der mit Unterstützung der Stadt Detmold realisiert werden konnte, ist auch ein Zeichen der Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart.